Themen rund um unsere Tauben
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Gedanken zum Sächsischen Kröpfer im Jahr des Wettbewerbs um den Goldenen Siegerring (Beitrag des SV für die Fachpresse in 2002)
Aus Anlass des 75-jährigen Bestehens des Sondervereins wurde den Züchtern des Sächsischen Kröpfers der Goldene Siegerring für das Jahr 2002 vom Präsidium des BDRG zugesprochen. Die Züchter der insgesamt 15 Farbenschläge des Sächsischen Kröpfers werden mit ihren besten Jungtieren auf der Jubiläums-Sonderschau anlässlich der Nationalen Rassegeflügelschau 2002 vom 6. bis 8. Dezember in Erfurt um diesen Preis konkurrieren. Bestimmt ein guter Grund sich im Vorfeld über die Entstehungsgeschichte, das Wesen und den Rassetyp einige Gedanken zu machen. Zumal sich die letzten Jahre das Erscheinungsbild dieses eleganten Vertreters der Kröpferszene auf breiter Ebene verändert hat und, wie viele andere Rassen, dem Vorwurf der Qualzucht gemäß § 11b des Tierschutzgesetzes ausgesetzt ist.

Diese Veränderung wurde nicht durch irgendwelche Modeerscheinungen oder zwingende Modernisierungsmaßnahmen ausgelöst, sondern stellt eigentlich nur die Umsetzung des vor über 100 Jahren geforderten Idealtyps des Sächsischen Kröpfers dar! Die zahlreichen alten Abbildungen mit sehr detaillierten Darstellungen vom Aussehen des Sächsischen Kröpfers, aber auch das Musterbild, der Standard sowie die Entstehungsgeschichte belegen dies sehr anschaulich. Der jetzige Zuchtstand repräsentiert das vor über einem Jahrhundert ausgegebene Zuchtziel eines aufrecht stehenden, schlanken Kröpfers mit langen Beinen, welches zwischenzeitlich im Sonderverein und in den Zuchten erkannt und umgesetzt wurde. Was aber war beim Sächsischen Kröpfer der Grund für die im Vergleich zu anderen Rassen lange Entwicklungszeit? Man muß wissen, daß diese Rasse trotz der langen Geschichte von immerhin 200 Jahren schon immer ein Mauerblümchen-Dasein führte und in den Zwanzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts fast ausgestorben wäre! Nach der Sondervereins-Gründung im Jahr 1927 erlebte der Sächsische Kröpfer zwar einen Aufschwung, der dann aber durch den zweiten Weltkrieg wieder jäh beendet wurde. Die Bemühungen um diesen Kröpfer wurden dann in den alten und neuen Bundesländern mit den verbliebenen Restbeständen fortgeführt.

Bevor ich mit den Ausführungen zum eigentlichen Thema beginne, möchte ich mit einigen grundsätzliche Gedanken zur Rassenvielfalt unserer Tauben starten! Um sich für eine Rasse begeistern zu können, sollte sich der Halter/Liebhaber nicht allein von der Optik der Rassevertreter leiten lassen, sondern auch versuchen, deren Eigenheiten/Charakter zu kennen und zu schätzen. Zu fast allen Rassen gehört ein ihnen eigenes Wesen, das mit zu deren Attraktivität beiträgt und welches es ebenfalls als Kulturgut zu bewahren gilt. Wenn nicht irgendwann alle Taubenrassen in diesem Punkt sich gleichen sollen, so müssen wir bei unserer züchterischen Planung und der anschließenden Selektion auch dem Charakter, dem typhaften Wesen und Temperament einen nicht unerheblichen Stellenwert einräumen. Auch das gehört zur Thematik „Erhaltung der Rassenvielfalt“!

Da ja, wie schon erwähnt, beim Sächsischen Kröpfer die Zuchtbasis anfangs extrem schmal und gute Tiere rar waren, behalf man sich eben durch das Einkreuzen verschiedener Fremdrassen (nicht nur Kropftauben). Probieren ging vor studieren! Nur so konnten viele Farbenschläge zu den Erfolgen der letzten Jahre gelangen. Als Ergebnis der teilweise unterschiedlich beschrittenen Wege (falsche und richtige) haben wir es nun mit leicht unterschiedlichen Typen zwischen den Farbenschlägen in dieser Rasse zu tun, die dann auch im Wesen variieren. Hier sind der Sonderverein und die Züchter gefordert, den eingeschlagenen Weg der letzten Jahre weiter zu beschreiten und das Ziel eines einheitlichen Idealtyps zu realisieren!

Die Entstehungsgeschichte

Über die Entstehung dieser Rasse entnehmen wir der überlieferten Literatur teilweise verschiedene Ansichten. Dennoch kristallisiert sich eindeutig eine Verknüpfung Altholländischer Kröpfer, Prager Kröpfer und Brünner Kröpfer mit dem Sächsischen Kröpfer heraus. Speziell die Rassen Brünner Kröpfer und Sächsischer Kröpfer waren in ihrer Entstehungsgeschichte schon immer eng verbunden. Die These des gemeinsamen Ahnen und zwischenzeitlich verschwundenen Prager Kröpfers (aufrecht stehender, schlanker, knapp mittelgroßer Kröpfer mit geringer Fußbefiederung), der in diesen beiden Kropftaubenrassen letztendlich seine Veredelung fand, ist meines Erachtens als die Plausibelste anzusehen. Diese findet bei der Betrachtung einiger ähnlicher Rassemerkmale und identischer Farbenschläge, wenn man von den Zeichnungsvarianten beim Brünner absieht, eine klare Bestätigung. Beide wurden schon immer in weißbindig gezüchtet, speziell der sehr attraktive und seit Generationen geschätzte Farbenschlag „Isabell“ war (von neuen Entwicklungen abgesehen) nachhaltig nur beim Brünner Kröpfer und dem Sächsischen Kröpfer bei den Kropftaubenrassen vorhanden und erwähnt. Die vermutete Einkreuzung Altholländischer Kröpfer ist mit dem Zuchtziel der besseren Abgrenzung (Latschen/Körperfülle) zum Brünner Kröpfer nicht ganz abwegig und somit erklärlich. Trotzdem war für unsere Vorfahren das Zuchtziel eines aufrecht stehenden, schlanken Kröpfers mit langen Beinen weiter von Bestand. Alte Zeichnungen Sächsischer Kröpfer (siehe Abbildung aus Prütz 1904) belegen dies sehr anschaulich. Es sollte also noch einige Jahrzehnte mit züchterischer Kreativität vergehen bis die Umsetzung des vor über 100 Jahren vorgegebenen Zuchtziels weitestgehend vollzogen war.

Das Wesen

Der Sächsische Kröpfer ist im Wesen als ein lebhafter, bewegungsfreudiger Kröpfer anzusehen, dem eine gewisse Zutraulichkeit eigen ist. Rassekenner gehen hier sogar so weit, ihn und den Bayerischen als die Temperamentvollsten aller belatschten Kropftaubenrassen zu bezeichnen. Die ihm eigene Schnittigkeit und Schlankheit in Kombination mit diesem Wesen hat einen stolzen Kröpfer zur Folge, der dies im Ausstellungskäfig wie im Stall sehr imposant darzustellen vermag. Beim Balzen mit aufgeblasenem Kropf (Imponiergehabe) fächert der Täuber seine Schwanzfedern und in der Aufwärtsbewegung hat es den Anschein, als stehe er allein auf seinen Vorderzehen um gegenüber seiner Auserwählten noch imposanter zu wirken. Beim Treiben zum Nest schließt er zur vorauseilenden Täubin immer wieder mit kleinen Zwischensprüngen auf. Dieser Vorgang wird von einem mehr oder minder stark ausgeprägtem Flügelschlag begleitet. Sehr temperamentvolle Täuber vollziehen dies beim Hochzeitsflug auch mal laut klatschend. Dieses Schauspiel und die (selbst-) sichere Fortbewegung gelingt aber nur, wenn er auch als Modellkröpfer die notwendige körperliche sowie geistige Frische besitzt. Außerdem sollte jeder Kröpfer, so auch der Sächsische, in seinem Lebensalltag über ein stets kontrollierbares Blaswerk (Blasen/Luftablassen) verfügen, das ihn nicht behindert. Die Einhaltung der genannten Kriterien kann sich jeder am Besten vor Augen führen, indem er sich die Frage stellt, ob seine Tiere, trotz eventuell generationenlanger Volierenhaltung, noch in der Lage wären, sich im täglichen Freiflug zu behaupten? Auch in einem Stall mit anderen fluggewandten Taubenrassen? Dieses, in der züchterischen Arbeit verfolgte Ziel des Erhalts der vollen Funktionalität, nimmt doch eigentlich den sogenannten Tierschützern das Qualzuchtargument! Ich glaube nicht, daß ich der einzige Kropftaubenzüchter bin, der immer wieder erleben muß, daß einer seiner Kropftäuber dem Brieftäuber (oder Täuber einer anderen Rasse ohne Qualzuchtvorwurf) der Nachbarzelle beim Revierkampf das Leben schwer machte. Erst kürzlich schaffte es mein 7-jähriger Sachsen-Täuber den letztjährigen Jiennensekröpfer (alte Diebeskröpfer-Rasse) von dessen Schlafplatz, dem begehrten höchsten Punkt im Stall, zu vertreiben! Vollbringt sowas ein degeneriertes und gequältes Tier?

Mit diesen Voraussetzungen und unter artgerechten Haltungsbedingungen hat der Sächsische Kröpfer auch bei der Fortpflanzung keine Probleme. Die Erhaltung der angeborenen Brutpflege mit ausreichender Versorgung der eigenen Nachzucht sehen wir Züchter eigentlich schon immer als Selbstverständlichkeit an.

Der Rassetyp

Was zeichnet den heutigen Rassetyp nun eigentlich aus? Alles Plumpe (zu kompakt im Körper, breiter Rücken, zu tiefes Flügelschild, tiefer Stand oder zu lange Hinterpartie) ist absolut fehlerhaft. Sächsische Kröpfer sind heute hochstehende, edle Modellkröpfer mit langer Vorderpartie und birnenförmigem, gut absetzendem Blaswerk. Zur Eleganz des Sächsischen Kröpfers gehört aber auch die Gesamtheit seiner Feinheiten. Der Körper sollte nie schwer oder knochig wirken, sondern dem Betrachter im Zusammenspiel von Blaswerk und Belatschung harmonisch erscheinen. Das Gefieder sollte dabei gut anliegend sein und hebt somit die schlanke Gesamterscheinung des Tieres noch mehr hervor.

Der Sächsische Kröpfer gehört zu den mittelgroßen Kröpfern. Aber auf eine Angabe der Größe in Maßeinheiten will ich hier verzichten! Der Begriff „Größe“ wird in unseren Ausführungen zu oft als Synonym für Höhe und Länge benutzt und führt oft zu Mißverständnissen. Denn ein hohes Tier kann einen kürzeren Körper haben, als ein niedriges! Um den Vergleich richtig anstellen zu können, muß ich aber die Proportionen der Tiere im Vergleich zur Gesamtgröße betrachten. Die richtigen Körpermaße (Gewicht/Länge) sind in einer angestrebten Zwischenform von Verkehrtflügelkröpfer und Brünner Kröpfer gut vorstellbar.

Angestrebt wird ein Körper mit langer Vorder- und kurzer Hinterpartie, es sollten zwei Drittel vor und ein Drittel hinter den Beinen liegen. Der Beinaustritt erfolgt beim Sächsischen Kröpfer relativ weit hinten, denn nur so gelingt es auf die gewünschte Brustbeinlänge sowie abfallende Haltung zu kommen. Die Standardforderung „möglichst nicht hervortretendes Brustbein“ ist meines Erachtens etwas widersprüchlich zum „schmalen Flügel“ und somit erklärungsbedürftig. Das lange Brustbein sollte beim rassigen Tier schon gut sichtbar sein, aber eben nicht kantig hervorstehen. Es soll eine harmonische Verbindung vom rassetypischen Beinaustritt bis zum birnenförmigen Kropf darstellen. Rassevertreter, deren Flügelschild weit nach unten reicht, zeigen in der Seitenansicht das Brustbein und deren Länge leider nur noch andeutungsweise. Diese Tiere wirken im Körper rund und runde Körper können niemals eine schlanke Gesamterscheinung mit allen Feinheiten darstellen. Die schmalen und langen Flügel decken gut den Rücken ab und die Spitzen sollten sich auf dem schmal getragenen Schwanz berühren, aber auch leichtes Kreuzen ist erlaubt.

Der Sächsische Kröpfer hat einen gut entwickelten birnenförmigen Kropf, der auf einem langen Hals sitzen sollte. Die verlangte Taille wirkt bei einem schlanken Körper um einiges markanter, weil ein größerer Übergang als beim kompakteren Tier zu bewältigen ist. Das Blaswerk sollte vom Hinterkopf bis zu den Schultern einen kleinen Bogen bilden und gut absetzen. Nur um eventuellen Fehlinterpretationen vorzubeugen, die Forderung nach einer gut sichtbaren Taille sowie ein hoch angesetzten Nackenblaswerk haben noch lange kein Kugelblaswerk zur Folge!

Um auf die geforderte aufrechte bzw. nach hinten abfallende Haltung zu kommen, muß dieser stolze Kröpfer außerdem auf langen Beinen stehen. Der Beinaustritt sollte fliessend und relativ eng erfolgen, denn ein zu breit angesetzter Austritt wirkt immer plump und ist speziell bei der Vorderansicht äußerst unattraktiv!

Der Gesamteindruck dieses Kröpfers wird wesentlich durch ein schön ausgebildete Fußwerk bestimmt. Die mittellangen Latschen werden gut überbaut und seitlich abgerundet gefordert. Der Übergang von den Latschen zu den Geierfedern sollte fließend sein, was momentan aber leider immer noch zu selten gelingt. In der Zucht ist auf diesen schönen Abschluß künftig stärker zu achten, denn nur so können die unschönen „Kipplatschen“ vermieden werden. Sind die Geierfedern dann auch noch lang genug auch den Beinzwischenraum auszufüllen, haben wir den idealen Latschen- und Geierfederaufbau. Das Fundament jedes Sächsischen Kröpfers!

Wenn das Tier jetzt noch in der Gesamterscheinung harmoniert, einen schmalen, richtig gefärbten, Augenrand aufweist und die nötige körperliche sowie geistige Frische besitzt, dann hat der Betrachter einen formvollendeten Sächsischen Kröpfer vor sich stehen, der jeden Liebhaber in seinen Bann zieht.

Welche Gewichtung den verschiedenen Rassemerkmalen zukommt, zeigt der Standard unter dem Punkt Bewertungsreihenfolge, der wie folgt lautet: Gesamteindruck, Körperhaltung, Blaswerk, Stand, Fußbefiederung, Farbe und Binden.

Ich bin nun zum Ende meiner Ausführungen gekommen und hoffe, daß es mir als Zuchtwart des betreuenden Sondervereins gelungen ist, die Attraktivität eines Sächsischen Kröpfers dem Leser aufzuzeigen. Vielleicht können nun einige mehr nachvollziehen was den Reiz ausmacht, sich der Haltung und Zucht dieses edlen Kröpfers zu widmen. Der Verantwortung des SV sowie seiner Mitglieder obliegt es den Sächsischen Kröpfer in seiner Entwicklung für die Nachwelt weiterhin attraktiv zu halten. Die Vorwürfe der Qualzucht gemäß § 11b Tierschutzgesetz will ich aufgrund obiger Ausführungen nur sehr bedingt akzeptieren. Die Empfehlungen aus dem Gutachten zur Auslegung dieses Paragraphen werden von den Züchtern, falls in der Vergangenheit noch nicht geschehen, in der Zucht und Haltung befolgt. Eine Auflistung der, den Sächsischen Kröpfer betreffenden, Vorwürfe mit der Stellungnahme des Sondervereins sowie weitere Infos und Fotos zur Rasse findet der Interessierte auf der SV-Homepage www.sv-saechsische-kroepfer.de.

Martin Gangkofner
Zuchtwart im SV


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